Brandverhütung und Verhaltensmaßnahmen im Brandfall – der betriebliche Brandschutz

  • 05. Dezember 2022

Das Thema „betrieblicher Brandschutz“ kann ganze Bücherregale füllen. Gründe dafür sind die Omnipräsenz des Brandschutzes, die getrennten Gesetzgebungsverfahren zwischen Bund und Ländern sowie die Tatsache, dass für viele Anwendungsfälle nur normative Regelungen existieren, welche lediglich einen empfehlenden Charakter haben.

Aufgrund der möglichen Regulierungstiefe des Bauordnungsrechts (bis hin zur unteren Baubehörde) können die gestellten Anforderungen an den Brandschutz nicht nur zwischen den Bundesländern, sondern auch zwischen Stadt- und Landkreisen abweichen. Manchmal differieren sie sogar von Haus zu Haus in der gleichen Straße. Dieser Umstand ist den Landesbauordnungen (LBO) geschuldet, welche dem Bauherrn ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Ausnahmen, Abweichungen und Befreiungen zuschreibt – mal hat der Architekt die bessere Argumentationen auf seiner Seite, mal der Sachbearbeiter der Baubehörde.

Damit aber noch nicht genug: Eine dritte „Partei“, die in Sachen betrieblicher Brandverhütung mitreden möchte, sind die Sachversicherer. Jede Versicherung kann eigene Anforderungen zum Brandschutz an den Versichungsnehmer stellen – das ist sozusagen frei verhandelbar. Sicher ist Ihnen die Forderung bekannt, dass elektrische Geräte mit Heizfunktion (wie z.B. eine Kaffeemaschine) nur auf einer nicht brennbaren Unterlage betrieben werden dürfen. Diese, für manchen Brandexperten seltsam anmutende Maßnahme findet sich in keinem Gesetz und in keiner Verordnung – sondern ausschließlich in den Versicherungsbedingungen einiger Sachversicherer. Die Brandschutzmaßnahme gilt also längst nicht pauschal für alle „Kaffeemaschinenbetreiber“.

Um den Anforderungskatalog des Brandschutzes besser verstehen zu können, ist es hilfreich zu wissen, dass er in drei Fachdisziplinen unterteilt wird:

  • baulicher, 
  • vorbeugender und
  • abwehrender Brandschutz.

Die Anforderungen an den baulichen Brandschutz resultieren – wie beschrieben – primär aus dem  Bauordnungsrecht der Bundesländer und sind damit fest verbunden mit der Bau- und Nutzungsgenehmigung der Arbeitsstätte. Es gibt aber auch bauliche Brandschutzanforderungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV, Bundesrecht), z.B. an die Gestaltung von Fluchtwegen. Die ArbStättV selbst regelt im baulichen Brandschutz lediglich 

  • die Ausgestaltung von Fluchtwegen und Notausgängen (Anzahl, Abmessungen, Anordnung, Zugänglichkeit und Kennzeichnung,
  • erforderlichenfalls die Ausstattung von Brandmelde- oder Alarmanlagen.

Problematisch dabei ist, dass einige Anforderungen der ArbStättV und ihren erläuternden Technischen Regeln nicht nur ergänzend, sondern stellenweise auch konträr zu den im Bauordnungsrecht festgehaltenen Anforderungen sind. Dies kann zu grotesken Situationen führen: eine innenliegende Treppe lässt sich nun mal nicht einfach um 3 cm verbreitern. Umgekehrt können die Anforderungen aus der ArbStättV anhand der Gefährdungsbeurteilung als ausreichend bewertet werden, während das Bauordnungsrecht darüber hinausgehende Anforderungen an den Brandschutz stellt. 

Hinzu kommt, dass die Normadressaten unterschiedlich sein können: Auf der einen Seite richtet sich das Bauordnungsrecht an den Bauherrn oder den Eigentümer der Arbeitsstätte, auf der anderen Seite dient die ArbStättV als gesetzlicher Pflichtenkatalog für den Arbeitgeber. 

Insbesondere bei den baulichen Anforderungen im Brandschutz – unabhängig davon, ob diese aus dem Bauordnungsrecht oder aus der ArbStättV resultieren – sollten Sie bei unterschiedlichen Aussagen oder Anforderungen nicht gleich „verzweifeln“. Nicht nur die Landesbauordnungen beinhaltenGesetze mit dem Recht auf Ausnahmen, auch die ArbStättV beinhaltet ein verbrieftes Recht auf Befreiung (§ 3a Abs. 3 ArbStättV). 

Der vorbeugende Brandschutz beschreibt die Brandverhütung, die Branderkennung und die erste Brandbekämpfung bis zum Eintreffen der Feuerwehr (abwehrender Brandschutz). Demzufolge will der vorbeugende Brandschutz einen Brand gar nicht erst entstehen lassen oder einen Brand rechtzeitig erkennen und schon in der Entstehungsphase sprichwörtlich „ersticken“. Hierzu können wiederum in der Bau- und Nutzungsgenehmigung individuelle Anforderungen gestellt werden, welche ihren Ursprung z.B. in den Sonderbauregelungen, in der Versammlungsstättenverordnung oder der Industriebaurichtlinie haben. 

In der ArbStättV finden sich hierzu allgemeine, d.h generelle Regelungen:

  • Vorhaltung und Funktionsfähigkeit von Feuerlöscheinrichtungen (z.B.Handfeuerlöscher) 
  • erforderlichenfalls Flucht- und Rettungsplan
  • erforderlichenfalls Übungen nach dem Flucht- und Rettungsplan
  • Mitarbeiterinformationen zu Brandverhütung und Verhalten in Brandfällen
  • jährliche Unterweisung aller Mitarbeiter zu Brandverhütung und Verhalten in Brandfällen
  • Unterweisung benannter Mitarbeiter in der Handhabung von Feuerlöschern.

Diese Grundpflichten richten sich an alle Arbeitgeber – unabhängig von deren Branche oder dem geltenden Bauordnungsrecht. Sie dienen dem Schutz der Beschäftigten (nicht jedoch dem Dritter vgl. § 1 ArbStättV) vor Gefährdungen in und durch Arbeitsstätten.

Inhalte der Mitarbeiterinformationen zu Brandverhütung und Verhalten im Brandfällen

Im Vorfeld sollten Sie alle vorhandenen „Auflagen“ zur Arbeitsstätte sowohl aus den Bau- und Nutzungsgenehmigungen als auch aus Ihren Versicherungsbedingungen zusammentragen. Die Mitarbeiterinformationen sollten sich im Kern auf eine offizielle Hausordnung oder eine separate Brandschutzordnung stützen. So gewährleisten Sie, dass die Verhaltensregeln zum vorbeugenden Brandschutz und zu den Verhaltensweisen im Brandfall im Rahmen des Delegationsrechts für die Mitarbeiter bindend sind. 

Folgende Inhalte  sollten sich in Ihren Brandschutzregeln wiederfinden (angelehnt an die DIN 14096):

  • Regeln und Maßnahmen zur Brandverhütung (u.a. Umgang mit Kerzen, Abfall oder elektrischen Geräten, Verhalten von Handwerkern etc.)
  • Brandschutzeinrichtungen (u.a. Feuerlöscher, Brandmeldeanlage, Rauchmelder, Brandschutztüren etc.)
  • Flucht- und Rettungswege (u.a. Bezeichnung, Nutzung, Freihalten der Wege etc.)
  • Verhalten im Brandfall (auch als Aushang den Mitarbeitern zugänglich machen!)
  • Verhalten nach einem Brandfall
  • ggf. beauftragte Personen (Aufgaben, Funktion, Ansprechpartner etc.).

Entsprechende Muster und Vorlagen finden sich zur Genüge im Internet. Bitte kopieren Sie aber nicht blind, sondern passen Sie die Vorlagen den örtlichen und innerbetrieblichen Gegebenheiten an! Wenn Sie Hilfe benötigen, steht Ihnen auch die Fachberater Brandschutz von betriebsarzt.online zur Seite.

Inhalte der Unterweisung für alle Mitarbeiter

Die Unterweisung aller Mitarbeiter muss sich auf die Maßnahmen der Brandverhütung und die Verhaltensmaßnahmen im Brandfall erstrecken – insbesondere auf die Nutzung der Fluchtwege und Notausgänge. Dies gelingt am einfachsten, wenn Sie sich auf die oben genannten innerbetrieblichen Mitarbeiterinformationen beziehen.

Die Unterweisung der Mitarbeiter muss vor Aufnahme der Tätigkeit stattfinden und danach mindestens einmal jährlich wiederholt werden. Ein kleiner Hinweis dazu aus der ArbStättV: Die Unterweisung muss in einer für die Mitarbeiter verständlichen Form und Sprache erfolgen.

Unterweisung in der Handhabung von Feuerlöschern 

Analog zu den betrieblichen Ersthelfern muss im Betrieb (in Bezug auf die jeweilige Arbeitsstätte) ein Teil der Mitarbeiter in der Bedienung der vor Ort vorhandenen Feuerlöscheinrichtungen unterwiesen werden – in den allermeisten Fällen dreht es sich dabei um die Handhabung von Feuerlöschern. In Verwaltungsbereichen sind 5–10% der anwesenden Mitarbeiter ausreichend, in Bereichen mit einer hohen Sachverantwortung oder Verantwortung gegenüber Dritten, wie z.B. in der stationären Pflege, hat sich ein höherer Prozentsatz bewährt.