Arbeitsschutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus

  • 21. März 2020

Die Verbreitung der Erkrankungen (COVID-19) verursacht durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) verunsichert derzeit Beschäftigte und Arbeitgeber. Zu Beginn der Epidemie wurden insbesondere in den Medien Arbeitsschutz und Infektionsschutz unreflektiert miteinander vermischt. Die Rechtsgrundlagen sind jedoch bei der Entscheidung für erforderliche Maßnahmen, die der Arbeitgeber treffen muss, wesentliche Merkmale.

Das deutsche Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt seit 2001 die gesetzlichen Pflichten zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Zweck des Gesetzes ist es, übertragbare Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Dabei ist unerheblich, welcher Art die Infektion ist und auf welchem Wege die Infektion erfolgen kann. Zum Zwecke der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dürfen durch das IfSG selbst durch einzelne Maßnahmen, zu denen es Behörden ermächtigt oder durch Rechtsverordnung aufgrund des IfSG die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheit der Person, der Freizügigkeit, der Versammlungsfreiheit, des Brief- und Postgeheimnisses und der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt sowie ein berufliches Tätigkeitsverbot verhängt werden.

Die von den Bundesländern erlassene Rechtsverordnungen (z. B. Corona-Verordnung – CoronaVO Baden Würrtemberg) berufen sich auf das Infektionsschutzgesetz. Die Rechtswissenschaften streiten sich mittlerweile darüber, ob gerade die von den kleineren Gemeinden erlassenen zusätzlichen Einschränkungen von Bürgerrechten, sich überhaupt noch mit dem Infektionsschutzgesetz vereinbaren lassen (u.a. www.verfassungsblog.de).

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hat das Ziel, die Gesundheit der Beschäftigten – einschließlich der des öffentlichen Dienstes – durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern. Das ArbSchG bildet die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen, wie z. B. für die Biostoffverordnung (BioStoffV). Dies ist eine Verordnung zum Schutz von Arbeitnehmern bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Infektionsgefährdungen). Ziel der Biostoffverordnung ist der Schutz der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, sie dient also dem Arbeitsschutz. 

In kurzen Worten ausgedrückt, berücksichtigt das Arbeitsschutzrecht Risiken, die zum Ersten von der Tätigkeit oder vom Arbeitsplatz ausgehen und zum zweiten im Verhältnis zur Allgemeinbevölkerung (durch die Tätigkeit) ein erhöhtes Risiko mit sich bringen; währenddessen das Infektionsschutzgesetz die gesamte Bevölkerung im Fokus hat.

Zurzeit befinden wir uns noch in der Stufe der Eindämmung und Verlangsamung der Virusausbreitung (Pandemieplan). Seit gestern sehr konkret in bevölkerungsbezogenen anti-epidemischen Maßnahmen. Wie in vergangenen Pandemien gezeigt werden konnte, sind diese bevölkerungsbasierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung durch Schaffung sozialer Distanz besonders wirksam, wenn sie in einem möglichst frühen Stadium der Ausbreitung des Erregers eingesetzt werden, so das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen epidemiologischen Bulletin. Der eigenverantwortliche Beitrag jeder Bürgerin und jedes Bürgers ist gefragt, sowohl im persönlichen Umfeld als auch in beruflichen Funktionen oder ehrenamtlichem Engagement.

Hier liegt die Verantwortung bei drei wichtigen Akteuren: dem Arbeitgeber, den öffentliche Institutionen und der gesamten Gesellschaft. Jeder Einzelne nimmt diesbezüglich mehrere Rollen ein, in denen er an der Strategie der Verlangsamung mitarbeiten kann. Das RKI zählt einige Beispiele auf

  • Persönliche Gesprächskontakte (siehe Hauptübertragungsweg der Tröpfcheninfektion) grundsätzlich auf wenige, jederzeit bekannte und anzugebende Personen (Kontaktperson) reduzieren und auch mit diesen verabreden, dass sie das ebenso handhaben. Dazu kann z. B. auch gehören, beim Telefonieren nicht über Freisprechsysteme im Beisein anderer Personen zu sprechen und damit vermehrt potenziell infektiöse Tröpfchen in die Umgebungsluft abzusondern.
  • Vorausschauend planen, d. h. jeder kann sich (zusammen mit der Familie/Haushaltsmitgliedern/Freunden) ein persönliches Konzept von Maßnahmen zusammenstellen, das sich auch über mehrere Wochen oder Monate durchhalten lässt, z.B. Weitergabe von Tipps zur Fitness, Verabredung von gemeinsamen Spaziergängen „mit Abstand“, Meidung von engem Kontakt in öffentlichen Verkehrsmitteln z. B. zu Hauptverkehrszeiten, die Organisation von festen Fahrgemeinschaften etc.
  • Möglichkeiten von Telearbeit, Onlineshopping, Telefon- oder Videomeetings, Skypen, Social media eruieren, ausprobieren und ab jetzt nutzen, z.B. Geburtstags- und andere Feiern auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.

Arbeitgeber, die im Gesundheitswesen (medizinische Behandlung oder Pflege von Menschen) oder der Betreuung von Menschen tätig sind, müssen im wesentlichen folgende Regeln für den Arbeits- und Gesundheitsschutz beachten:

  • Biostoffverordnung
  • Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege – TRBA 250
  • Arbeitsschutz beim Auftreten einer nicht ausreichend impfpräventablen humanen Influenza – Beschluss 609
  • Empfehlung organisatorischer Maßnahmen zum Arbeitsschutz im Zusammenhang mit dem Auftreten von SARS-CoV-2, sowie zum ressourcenschonenden Einsatz von Schutzausrüstung

Für Arbeitgeber, die ihre Gefährdungsbeurteilung mit der Online-Gefährdungsbeurteilung riskoo erstellen und pflegen, haben wir eine Synopse der grundlegenden Empfehlungen des RKI, des Arbeitsschutzrechts und der in riskoo vorhandenen Prüfkriterien erstellt (s. Anlage „Synopse – erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus“). Anwender der Online-Gefährdungsbeurteilung können diese per E-Mail anfordern.